Von Vögeln



Am frühen Abend, in der Buchengruppe
hoch oben putzt die Amsel ihr Gefieder.
Es ist ein Männchen, täglich kommt es wieder,
der Frühlingsregen ist ihm völlig schnuppe

Dann schließlich ist die Prozedur zu Ende,
nun singt er seinen ersten Ton, noch leise.
Er schaut sich um: Das war nur probeweise!
Und spuckt, rein bildlich, kräftig in die Hände.

Denn irgendwo, zweihundert Meter weiter,
über die Straße, in den Lindenbäumen,
beginnt grad' eine Amselfrau zu träumen,
und unser Herr: genau um diese freit er!

Nun setzt er an, es ist fast kaum zu glauben,
heraus kommen dabei 'ne Menge Töne,
und das sind ausnahmslos nur wunderschöne,
was andres kann er sich auch nicht erlauben.

Denn irgendwo dreihundert Meter weiter
sitzt schon die Konkurrenz auf der Laterne,
der hätte selbst die Amseldame gerne
und gibt sich darum ausgesprochen heiter.

Sie hört den andren die Register ziehen,
der tiriliert enorm, legt richtig los - Nein:
Sie merkt: Der Notstand muss bei ihm schon groß sein,
Bei so viel Stalking bleibt ihr nur das Fliehen.

Und irgendwo, jetzt ziemlich um die Ecke
Hat sie sich dann genervt niedergelassen,
mein Amselmann, er kann sein Glück kaum fassen
und schmeichelt: „Du, ich wohn' dort in der Hecke!“

Er flötet wahrhaft endlose Tiraden,
das klingt beinah als ob er sich selbst aufhetzt
und jedes Mal dabei noch einen drauf setzt,
doch so ein Mittel kann dem Zweck nicht schaden.

Und schließlich hat er doch Erfolg, der Freier,
was folgt ist wildes Vögeln im Geäste,
nach etwas Ruhe bauen sie das beste
und schönste Nest für ihre kleinen Eier