Rezession (Rückblick posthum)


Ich war früher nie ein Streber,
doch seitdem mein Arbeitgeber
nur noch von schlechten Zeiten sprach,
Kollegen gingen, nach und nach,
sah ich es nicht mehr so leger,
gab was ich konnte - und noch mehr,
denn im Jahr zweitausendzehn
wollte ich nicht stempeln gehn.

Ich war ja jung und reichlich fit,
so hielt ich eine Zeit gut mit.
Auch nach der zehnten Doppelschicht
in Folge war ich noch ganz dicht.
Man kürzte uns dann das Gehalt,
auch das ließ mich nach außen kalt -
es folgte eine Depression,
doch ich nahm ein, was macht das schon?
Und hatt' ich mal die Kotzerei,
war stets die Schüssel mit dabei,
das gab zusätzlich den Effekt:
Kollegen, die ich angesteckt,
die fehlten darauf ein paar Tage,
das besserte noch meine Lage.
Nur neulich, bei der Virusgrippe,
da stand mein Kommen auf der Kippe,
die Arbeitskraft war nur la la,
doch - und das zählt nur: Ich war da!

Vor kurzem, auf dem Weg zum Klo
traf ich den Chef vom Lohnbüro.
Der ließ mich nebenbei so wissen,
ich sei ja wirklich dienstbeflissen,
doch er habe grad' erfahren,
dass mein Urlaub von drei Jahren
bislang nicht genommen sei:
demnächst hätt' ich mal länger frei.
Er fragte mich auch nicht mehr, wann:
Vom übernächsten Freitag an!
An meinem letzten Arbeitstag,
dem Donnerstag, traf mich der Schlag!